Neuenburg a. R.
MitteGrabungsstelle
Archäologische Grabung 2014 zwischen
Schlüssel- und Metzgerstraße
Luftbild H-J. van Akkeren
 Alternativname(n)
 Schreibweisen
 plebanus de Niuvvinburc (1215)
 Manigoldus de Nuvvenburch (1232)
 Nuenberc (1241)
 Nivwenburc (1244)
 ville de Nuwenburch (1261)
 Nueburg (1280)
 Newenburg am Rhein (1660)
 Landkreis  Breisgau-Hochschwarzwald
 Regierungsbezirk  Freiburg
 Entstehungszeit  Ende 12. Jhd.
 Stadtgründung  um 1175
 Ersterwähnung  1185 März 4
 (novum castrum Neuenburg [6])
 Älteste überlieferte
 Stadtrechtsurkunde
 1292 Dezember 24. durch
 König Adolf v. Nassau bestätigt
 Erhaltungszustand
 der Stadtbefestigung
 nur archäologische
 Befunde
 Geografische Lage  47.81404/7.55910
 Höhenlage  230 m ü. NHN

Wappen_Neuenburg_gezeichnet_von_Hans-Jürgen_van_Akkeren
Abb. 1: Wappen der Stadt Neuenburg 1261

Mittelalterliche Stadt Neuenburg a. R. um 1175 gegründet

  mittelalterliche Festungsstadt

 

 

Neuenburg am Rhein – Verlust großer Teile der Stadt

Wie kaum eine andere Stadt im Oberrheingebiet litt Neuenburg unter Naturkatastrophen und Kriegen.(2) Die um 1175 von Berthold V. von Zähringen gegründete Stadt (Abb. 2) prosperierte zunächst und profitierte stark von der Lage am Rhein. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde ihr die verkehrsgünstige Lage zum Verhängnis – der Strom riss bei mehreren Hochwassern ein Drittel des Stadtgebietes weg. In den Kriegen des 17. Jahrhunderts kam es zu großen Verwüstungen, so dass die Stadt zwischen 1704 und 1714 nicht bewohnt war. Nach dem Wiederaufbau erreichte sie nie wieder die einstige Bedeutung. Schließlich gilt Neuenburg nach Artilleriebeschuss 1940 als die erste total kriegszerstörte deutsche Stadt, deren Reste bei einem Luftangriff 1944 vernichtet wurden. Nach Kriegsende standen nur noch 3 % der früheren Gebäude. Heute sucht man in der Stadt vergeblich nach obertägig erhaltenen mittelalterlichen Bauten. Deren Reste haben sich allerdings flächig unter bis zu 2 m mächtigen Schichten von Bauschutt erhalten. Lediglich das Straßengefüge erinnert noch an die einstige planmäßig angelegte mittelalterliche Stadt.
Aufgrund der nachhaltigen Zerstörungen Neuenburgs kommt der Archäologie ein besonderer Stellenwert bei der Erforschung der Stadtgeschichte zu. Bereits beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg kam es vereinzelt zu archäologischen Untersuchungen. Konstantin Schäfer dokumentierte vor allem die Lage von zwei der ehemals vier Stadttoren und Teilstücken der Stadtmauer. (
3) Die erste planmäßige Rettungsgrabung erfolgte beim Neubau des Rathauses 1992. (4) Eine Zwischenbilanz zum Forschungsstand wurde im Archäologischen Stadtkataster gezogen. Dort wurden die bis zu diesem Zeitpunkt bekannten 31 archäologischen Aufschlüsse bearbeitet und kartiert. (5) Zwischen 2012 und 2015 kam es im Zusammenhang mit der Stadtsanierung zu großflächigen Untersuchungen, die insbesondere die Frühgeschichte der Stadt in einem neuen Licht erscheinen lassen.

(Dr. Bertram Jenisch: Textausschnitt aus Flutkatastrophen in mittelalterlichen Städten am südlichen Oberrhein)

 

Archäo_00_FB01 Kopie
Abb. 2: Westansicht der 3D-Rekonstruktion der mittelalterlichen Stadt Neuenburg a. R. um 1500
bei normalem Pegelstand des Rheins. Hans-Jürgen van Akkeren © 2021/2022

Abb 2: Wissenschaftliche Unterstützung: Dr. Bertram Jenisch & Dr. Andreas Haasis-Berner, Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit Landesamt für Denkmalpflege BW; PD Dr.-Ing. Anne-Christine Brehm, Münsterbaumeisterin Freiburger Münster und Peter Kalchthaler M.A., Leiter des Museums für Stadtgeschichte Freiburg.

Westansicht auf die mittelalterliche Stadt Neuenburg a. R. (Abb. 2)

Anhand eines 3D-LiDAR Geländemodells, das vom Landesamt für Denkmalpflege und dem Landesvermessungsamt zur Verfügung gestellt wurde, diente diese der 3D-Rekonstruktion als georeferenzierte Basis. Anhand archäologischer und geomagnetischer Befunde wurden die Gebäude und aufgehende Stadtmauer rekonstruiert. Die im Norden, Osten und Süden verlaufende Stadtmauer verläuft bis zum Hochgestade auf dem gewachsenen Boden. Das natürlich entstandene Hochgestade ist an den Bildrändern links und rechts erkennbar und weist über dem normalen Pegelstand des Rheins eine Höhe von ca. 12 m auf.
Der Westen der Stadt Neuenburg wurde im Mittelalter durch Aufschüttung in den Rhein erweitert. Für die Aufschüttung diente auch der Aushub, den man bei der Errichtung des Stadtgrabens gewonnen hatte. Das künstlich, in den Rhein erweiterte Stadtgebiet weist ein abgeflachtes Gefälle auf. Die westliche Stadtmauer folgt in diesem Bereich daher dem künstlich angelegten Gefälle und liegt daher etwas tiefer als die östliche Bebauung.
Die Westansicht auf die Stadt stellt keine Hochwassersituation dar. Vor der Rheinbegradigung in den 1720er Jahren durch Tulla reichte der Wasserspiegel bei normalem Pegelstand bis vor die Stadt.

 

Film: Hans-Jürgen van Akkeren © 2022

 

Textquellen:

  1. Dr. Bertram Jenisch, mit freundlicher Genehmigung, Textausschnitt aus dem Aufsatz: Flutkatastrophen in mittelalterlichen Städten am südlichen Oberrhein.

  2. Fidelis Huggle. Geschichte der Stadt Neuenburg am Rhein. Freiburg 1876; Konstantin Schäfer. Die Geschichte einer preisgegebenen Stadt. Freiburg 1963.

  3. Schäfer 1963 (wie Anm. 2).

  4. Bernd Vedral. Beobachtungen zur mittelalterlichen Stadttopographie in Neuenburg am Rhein. In: Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1992. Stuttgart 1993, S. 355–360.

  5. Bertram Jenisch. Neuenburg am Rhein (Archäologischer Stadtkataster Baden-Württemberg 37). Esslingen 2004.

  6. Jörg W. Busch/Jürgen Treffeisen 2014 - Die Urkunden der Stadt Neuenburg am Rhein Bd. 1, S. 142


Bildquellen:

  1. Wappen der Stadt Neuenburg a. R. Gezeichnet nach dem Stadtsiegel von 1261, Hans-Jürgen van Akkeren © 2021/2022. 

  2. Westansicht der 3D-Rekonstruktion der mittelalterlichen Stadt Neuenburg a. R. um das Jahr 1500 von Hans-Jürgen van Akkeren © 2021/2022.
    Wissenschaftliche Unterstützung zur 3D-Rekonstruktion leisteten: Dr. Bertram Jenisch & Dr. Andreas Haasis-Berner, Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit Landesamt für Denkmalpflege BW; PD Dr.-Ing. Anne-Christine Brehm, Münsterbaumeisterin Freiburger Münster und Peter Kalchthaler M.A., Leiter des Museums für Stadtgeschichte Freiburg.


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